Geschichte
Streifzug durch die Geschichte Renquishausens
Hans-Joachim SchusterEin Blick in die Ur- und Frühgeschichte Renquishausens Renquishausen wird zwar erst im Jahr 1092 erwähnt, die Besiedlung der Gemarkung und der Umgebung des heutigen Ortes läßt sich aber schon seit Jahrtausenden nachweisen. In der sogenannten Altsteinzeit (bis etwa 10.000 v. Chr.) - als die Gletscher der Alpen allmählich wieder abschmolzen - lebten die Menschen als Jäger und Sammler ohne festen Wohnsitz. Sie durchstreiften das Land, um sich durch Fischfang, Jagd und Sammeln von eßbaren Pflanzen zu ernähren. Auch Höhlen waren bevorzugte Siedlungs- und vorübergehende Jagdplätze, sie schützten vor den Unbilden der Natur.
Hier hinterließen die Steinzeitmenschen auch ihre Spuren, beispielsweise in der Beilsteinhöhle bei Egesheim, im Propstfels bei Beuron oder in der Buttentalhöhle bei Buchheim. Neben Höhlen und Felsüberhängen dienten auch Zelte aus Tierfellen als Unterkunft.
Um 6.000 v. Chr. trat ein Wechsel der Wirtschaftsform ein. Die Menschen wandelten sich vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern und Viehzüchter. Sie wurden langsam seßhaft und begannen sich Häuser zu bauen, um darin die Ernte des ausgestreuten Saatguts abzuwarten und Vorräte anzulegen. Höhlen wurden nur noch selten benutzt. Der Mensch baute Zwergweizen, Emmer und Einkorn, daneben Hirse, Erbsen, Linsen und Mohn an. Rinder, Schweine, Schafe und Ziegen lieferten die tierische Nahrung. Handwerk und Gewerbe etablierten sich.
Erstmals in der Jungsteinzeit (5. bis 3. Jahrtausend v. Chr.) tauchten Gefäße aus Ton auf. Diese Töpfer- waren dienten dem täglichen Gebrauch und der Vorratswirtschaft. Sie entstanden allerdings noch nicht auf der Scheibe. Die Menschen konnten Steinbeile schleifen, mit Spinnwirtel und Spindel aus Flachs und Hanf Garn spinnen und auf primitiven Webstühlen Gewebe herstellen. Um 2.000 v. Chr. nahm eine neue Entwicklung ihren Anfang. Die Geräte und Waffen aus Stein, Knochen und Holz wurden all- mählich durch Metallgeräte ersetzt. Man lernte nun, aus Kupfererz reines Kupfer zu gewinnen, welches mit beigefügtem Zinn zur härteren Bronze gegossen wurde. Die Wirtschaftsform der steinzeitlichen Bauern wurde im wesentlichen beibehalten, nur das Material der Gerätschaften änderte sich.
Besonders beliebt war Bronzeschmuck: Nadeln, Ringe und Broschen. Etwa seit dem 8. Jh. v. Chr. trat zur Bronze das Eisen hinzu, die Eisenzeit begann. In unserer Region lebte damals keltische Bevölkerung. Von ihr zeugen zahlreiche Grabhügel auf Renquishausener Gemarkung. Im Ziegelwäldle befinden sich mehrere Steinhügel, einer davon recht groß mit 15 m Durchmesser und 60 cm Höhe. Ursprünglich waren die Grabhügel wesentlich höher, flachten aber im Lauf der Jahr- hunderte durch Erosion allmählich ab. Auch im Khaiwäldle (Ghäuwäldle), ca. 1,5 Kilometer südöstlich des Ortes, wurde eine Grabhügelgruppe entdeckt. Den Mittelpunkt bildet ein großer Hügel mit einem Durchmesser von etwa 18m und einer Höhe von 1m, um ihn gruppieren sich fünf kleinere Hügel.
Auf Königsheimer Gemarkung fand man Reste von Gebäuden und Abfallgruben einer Keltensiedlung aus der sogenannten La- Te'ne-Zeit (4.bis 1. Jh. v. Chr.). Bei den Kelten spielte nicht nur die Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Grabbeigaben beweisen auch einen hohen Stand des Handwerks und einen weitreichenden Handel. In der Zeit um Christi Geburt machte unsere Gegend Bekanntschaft mit einem neuen Volk, den Römern.
In den Jahren 16 bis 13 v. Chr. besiegten die Stiefsöhne des Kaisers Augustus, Tiberius und Drusus, die keltischen Stämme der Helvetier, Räter und Vindeliker. Augustus unterwarf diese Stämme und besetzte das Alpenvor- land bis zur Donau. Im 1. Jh. n. Chr. wurde die römische Grenze vorverlegt, zuerst auf die Albhochfläche, dann an den Neckar, bis um 155 n. Chr. der Limes entstand, eine Grenzbefestigung, die den Südwesten Deutschlands von der Donau bei Regensburg bis zum Main gegen die Germanen sicherte. Kastelle im Hinterland, in Hüfingen, Rottweil und Tuttlingen, verstärkten die Grenzabwehr und waren Hauptstütztpunkte der römischen Truppen.
Im Hinterland entstanden zahlreiche zivile Siedlungen und Guts- höfe ("villae rusticae"). Ein solcher Hof bestand aus Wohn- und Wirtschaftsgebäude, Bad und Werkstätten. Alle Gebäude eines solchen Gutshofs waren in der Regel mit einer Hofmauer eingefaßt. Die Gutshöfe lieferten nicht nur Getreide, Obst, Gemüse, Fleisch und Milch für die Bewohner und die Soldaten, oft verarbeiteten sie ihre Rohprodukte auch weiter. Die keltische Bevölkerung wurde von den Römern keineswegs vertrieben, sie blieb im Land und nahm die höherstehende Kultur an. Bei Ensisheim auf Bärenthaler Gemarkung läßt sich eine keltisch- römische Siedlung für das 1. Jh. vor und nach Christi Geburt nachweisen.
Seit dem Jahr 213 n. Chr. bedrohte der germanische Stamm der Alemannen den Limes, die römische Grenze. 259/60 gelang es ihnen schließlich, dieses Bollwerk zu überrennen. Die römischen Truppen zogen sich an den Rhein zurück. Die Alemannen begannen das Land zu besiedeln. Allerdings scheinen sie aufgrund der noch latenten Bedrohung durch die Römer, die zahlreiche Militäraktionen gegen das rechtsrheinische Gebiet unternahmen, kaum dauerhafte Siedlungen gegründet, sondern vielmehr ein halbnomadisches Leben geführt zu haben.
Erst Ende des 5. Jh. scheint es zur Errichtung fester Siedlungen gekommen zu sein. Die für Alemannen typischen Reihengräber-Friedhöfe wurden nämlich in dieser Zeit an- gelegt. Ausgedehnte alemannische Gräberfelder entdeckte man bei Tuttlingen, Neuhausen, Böttingen, Nusplingen und Fridingen. Auch in Renquishausen stieß man im Ortskern auf Alemannengräber. Die Gräber der Toten wurden oft mit reichhaltigen Beigaben ausgestattet: Den freien Alemannen legte man meist die Waffenausrüstung (die Spatha - ein zweischneidiges Langschwert-, den Sax- ein einschneidiges Kurzschwert-, eine Lanze oder Gürtelgarnitur), der Frau meist Schmuck (Arm- und Ohrringe, Halsketten, Fibeln, Tongefäße) ins Grab. Die Grabfunde zeugen von einem hohen Stand der Kultur.
Gegen Ende des 7. Jh. hört die Beigabe von Waffen und Schmuck allmählich auf. Dies läßt vermuten, daß das Christentum langsam Verbreitung gefunden hat, nicht zuletzt durch die Förderung der Franken, die 496 die Alemannen besiegt und in der Folgezeit unter ihre Botmäßigkeit gebracht hatten. Ortsgründung und erste urkundliche Erwähnung Im Jahr 1092 wird der Ort Renquishausen erstmals urkundlich er- wähnt.
Die in einer Abschrift des 17. Jh. überlieferte Gründungsgeschichte des Klosters St. Georgen im Schwarzwald erwähnt unter dem Datum 5. Februar 1092 folgendes Ereignis: Ein Mann namens Harpreht gab Gott und St. Georgen sein ganzes Eigentum, das er in "Rentwigeshusen" besaß, sowie den sechsten Teil der Kapelle in demselben Ort. Diese Übergabe fand vor dem Vogt Hermann und anderen freien Männern statt. Als Zeugen des Rechtsaktes fungierten: Lantfrid, Ottin, Tietpreht, Sigebreht, Folcmar, Opreht, Rupreht, Werchere, Richwin, Gebin und Adelber- tus. Der Ortsname setzt sich aus dem althochdeutschen Wort "hus" (Haus) und dem Personennamen "Reginwic" zusammen.
Reginwic dürfte ein einflußreicher und freier Alemanne oder Franke gewesen sein, unter dessen Regie die Errichtung der Siedlung Renquishausen vonstatten ging. Die Gründung des Ortes erfolgte schon lange vor der urkundlichen Ersterwähnung. Sie ist in das 7. Jh. zu datieren. Als Indiz hierfür kann ein alemannisches Gräberfeld aus dieser Zeit herangezogen werden.
Im Jahr 1929 entdeckte man bei Wasserleitungsarbeiten im Ortskern (Angerstraße, Flatzgasse) ein alemannisches Gräberfeld. Es handelte sich hierbei um mehrere Kinder- und Erwachsenengräber, die mit Steinplatten abgedeckt waren. Die Gräber enthielten allerdings keine Beigaben. Die Gründung des Dorfes Renquishausen dürfte sich, dem Grab- fund nach zu schließen, in der Frühphase der sogenannten Landesausbauzeit, also im 7. Jh vollzogen haben.
Der Landesausbau war gekennzeichnet durch die Urbarmachung und Rodung von bisher nicht genutzten Böden außerhalb der Fluren der älteren Landnahmesiedlungen, von denen dieser Landesausbau ausging. Orte, die in der Zeit der alemannischen Landnahme im 5.bis 6. Jh. im Zuge des endgültigen, dauerhaften Seßhaftwerdens und der Aufgabe des bis dahin üblichen, vor allem durch die Kriege mit den Römern bedingten Halbnomadentums der Alemannen entstanden, enden zumeist aufingen. Als im Laufe des 7. u. 8. Jh. die Bevölkerung stärker anwuchs und der Boden um die alten Orte immer knapper wurde, gründeten die Alemannen von den Altsiedelorten (Kolbingen, Böttingen, Nusplingen, Schwenningen, Fridingen) aus neue Siedlungen, die durch die typischen Namensendungen -hausen, -stetten und -dorf gekennzeichnet sind.
Diese erste größere Rodungsarbeit im Frühmittelalter wird als erste Landesausbauphase bezeichnet. Vergleicht man die Gemarkungsgrößen der ingen-Orte mit denen der hausen-Dörfer, so stellt man fest, daß die Gemarkungen der letzteren im Durchschnitt wesentlich kleiner sind. Die Renquishausener Gemarkung ist mit 770 Hektar nicht einmal halb so groß wie die Kolbinger mit 1649 Hektar. Hieraus wird ersichtlich, daß die hausen-Orte Tochtergründungen der Ingen-Dörfer sein müssen. Als Muttersiedlung von Renquishausen darf wohl der größere Nachbarort Kolbingen angenommen werden.
Von "Rentwigeshusen" zu "Rinquißhausen" Der Ortsname Renquishausen war im Laufe des Mittelalters und der frühen Neuzeit nur kleineren Veränderungen unterworfen. Er- scheint 1092 "Rentwiegshusen", so hieß der Ort im "Liber decima- tionis", einer Auflistung der Pfarreien und ihrer Einkünfte von 1275, "Rentwigshusen". In der Hohenberger Steuerliste von 1394 erscheint der Name "Renkwisshusen" und in einem Verzeichnis von Abgaben der Pfarrei der Diözese Konstanz von 1508 "Rengkwishu- sen". In einem Steuerbereitungsprotokoll von 1682 taucht die Be- zeichnung "Ringlißhaußen" und in einer Pfarreischreibung von 1688 der Name "Rinquißhausen" auf.
Im Laufe des 18. Jh. setzte sich dann die heute gültige Schreibweise durch. Einschneidende Ereignisse: Kriege, Revolutionen und Notzeiten Renquishausen im Bauernkrieg Als sich im Herbst 1524 im Hegau und im Schwarzwald die Bauern zusammenrotteten, um sich gegen die Herrschaft zu erheben und gegen Bedrückung, gegen die Erhöhung von Diensten und Abgaben und gegen die Schmälerung althergebrachter Rechte der Dorfge- meinden und der einzelnen Bauern durch ihre Herrschaft zu wehren, schlossen sich auch viele Untertanen der Herrschaft Werenwag den Aufständischen an. Inhaber der Herrschaft Werenwag war damals Hans Walter von Laubenberg, der auch die Burg Mägdeberg zu Lehen hatte. Diese wurde von den Hegauer Bauern erobert.
Hans Walter von Laubenberg war einer der Hauptleute und Sprecher des Hegauer Adels. Er hielt sich meist beim Heer des Truchsessen Georg von Wald- burg, dem Feldhauptmann des Schwäbischen Bundes, auf. Die Bauern fanden einen Verbündeten, den aus seinem Land vertriebenen Herzog Ulrich von Württemberg, der vom Hohentwiel aus versuchte, das württembergische Territorium zurückzugewinnen. Herzog Ulrich warb Schweizer Söldner an und zog mit ihnen im Frühjahr 1525 nach Norden gegen Stuttgart. Zahlreiche Bauerngruppen schlossen sich ihm an. Der Zug Herzog Ulrichs scheiterte, da die Eidgenossenschaft ihre Söldner zurückrief. Die einzelnen Bauernhaufen wurden einer nach dem anderen vom Truchsessen Georg von Waldburg, "Bauernjörg" genannt, geschlagen.
Am 3. u. 4. April brachte er den oberschwäbischen Bauern bei Leipheim und am 13. April bei Wurzach Niederlagen bei. Am 12. Mai zersprengte er das Heer der neckarschwäbischen Bauern in der Schlacht bei Böblingen, am 2. Juni schlug er die fränkischen Bauern bei Königshofen und im Juli zersprengte er in mehreren Schlachten die aufständischen Bauern aus dem Hegau und dem Schwarzwald. Die direkt am Aufstand beteiligten Bauern wurden hart bestraft, die Anführer hingerichtet. Unter den "Abgewichenen", die sich in Be- gnadigung oder Strafe ergaben und wieder in ihre Heimat zurück- kehren durften, waren auch sechs Renquishausener: Jacob Matthis, Hanß Kolbinger, Conrad Schumacher, Michael Schreiber, Conrad Matthis, Jacob Schuhmacher.
Fast ein Jahrhundert blieb Renquishausen von Kriegseinwirkungen verschont. Mit dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges 1618 begann eine leidvolle und schreckliche Zeit für Renquishausen und Umgebung. Zwar blieb die Bevölkerung in den ersten Kriegsjahren noch vor Schlimmerem verschont - sieht man einmal von Einquartierungen kaiserlicher Soldaten und der Ablieferung von Getreide und Rindern ab -, doch mit dem Kriegseintritt der Schweden brach das Unheil herein. Das schwedische Heer unter König Gustav Adolf drang im Jahr 1632 nach Süddeutschland vor, um hier dem be- drängten Württemberg und anderen protestantischen Ländern zu Hilfe zu kommen.
Die Soldaten ernährten sich aus dem Land, plünderten und zerstörten. Viele Bürger flüchteten sich vor der wütenden Soldateska in die nahen Wälder oder ummauerten Städte. Zu den direkten Auswirkungen des Krieges kam eine furchtbare Pestseuche hinzu, die in den Jahren 1635/36 unzählige Menschen dahinraffte. 1643 lagen nochmals Regimenter des französisch-weimarischen Heeres unter General Rosen in Renquishausen und Umgebung im Quartier. Als der Westfälische Friede 1648 die Schreckenszeit beendete, waren in Renquishausen wie auch andernorts die Felder verwüstet und öde oder konnten mangels menschlicher Arbeitskraft und Zugtieren nicht bebaut werden. Noch im Jahr 1688 lagen von 86 3/4 Jauchert Ackerland der Heiligenpflegschaft (Stiftungspflege) 24 Jauchert "wüst und verwachsen".
Viele Häuser und Höfe standen leer und verfielen, die Quellen berichten von öden Hofstätten. Der Wiederaufbau war mit großen Kosten verbunden. Die Renquishausener mußten sich wie die Bürger anderer Orte hoch verschulden, um die Kriegsschäden beseitigen zu können. Der Spanische Erbfolgekrieg (1701-1714) ging ebenso wie der Österreichische Erbfolgekrieg (1740-1748) nicht spurlos an Renquishausen vorüber. Im ersteren wurde die Dorfbevölkerung zu Schanzarbeiten herangezogen und in den Jahren 1702 bis 1704 lit- ten die Ortsbürger unter Truppendurchzügen und Einquartierun- gen. Nicht nur die französischen Truppen, auch die eigenen - die Kaiserlichen - wüteten und nahmen wenig Rücksicht auf die einhei- mische Bevölkerung. Vielerorts versuchten Bauern an Soldaten Rache zu nehmen. Irndorfer Bauern überfielen im Jahr 1704 vier kaiserliche Soldaten und erschlugen sie. Im Österreichischen Erbfolgekrieg mußten die Renquishausener dem Heer Vorspanndienste, Kontributionen (Kriegssteuern) und Quartierleistungen erbringen. Danach kehrte ein halbes Jahrhundert Frieden ein. Doch dann brachten die Napoleonischen Kriege erneut Unglück ins Land.
Von 1796 an mußten die Heubergorte nach einem Bericht des Domäneninspektors Wiedenmann von 1821 ständig Requisitionen, Einquartierungen und Plünderungen über sich ergehen lassen. Dadurch seien - so der Berichterstatter - die Dörfer des Heubergs mit Schulden überladen und der Wohlstand vermindert worden. Das schlimmste Schicksal ereilte die Orte Bärenthal und Irndorf. Am 6. Oktober 1796 zogen sich die Franzosen durch das Werenwagische in Richtung Wehingen und Egesheim zurück. In Irndorf lagen 50 französische Reiter, die nach Verpflegung verlangten. Der Irndorfer Wirt schickte einen Knaben nach Beuron, um dort Weiß- brot zu holen. In Beuron aber lagen an diesem Tag ebenfalls un- gefähr 50 österreichische Reiter, und diese erfuhren nun von der Anwesenheit der Franzosen in Irndorf. Sie schwangen sich in die Sättel und jagten ins Nachbardorf, wo sich schnell ein heftiges Ge- fecht entspann. Da die Österreicher merkten, daß sie den Franzo- sen unterlegen waren, forderten sie die Irndorfer Bauern zur Hilfe auf. Mit vereinten Kräften konnten die Franzosen schließlich geschlagen werden. Am Abend desselben Tags rückte aber ein größe- rer französischer Verband heran und umzingelte das Dorf.
Die Irndorfer mußten nun schrecklich für die den österreichischen Soldaten geleistete Hilfe büßen. Die Franzosen plünderten alle Häuser, steckten mehrere in Brand. In alle Scheunen warfen sie brennende Pechfackeln und bald stand der ganze Ort in Flammen. Auch in Bärenthal sollte die Rache der Franzosen ungehemmt ihren Lauf nehmen. Dort schoß ein österreichischer Veteran einen französischen Offizier nieder. Der Gegenschlag ließ nicht lange auf sich warten. Bald erschienen französische Reiter, plünderten das Dorf und mißhandelten die Bürger, die nicht in naheliegende Höhlen geflüchtet waren. 21 Gebäude wurden angezündet und fielen den Flammen zum Opfer. Zwar erlitten die Renquishausener keinen solchen furchtbaren Schicksalsschlag, die vielen Requirierungen, Kontributionen, Einquartierungen und Plünderungen belasteten aber die Bürgerschaft erheblich. Viele waren zur Aufnahme größerer Kredite und zu Verpfändungen gezwungen. Im November 1825 wurden die Schulden der Einwohner von der Kreisregierung mit etwa 15.000 Gulden angegeben. Die Gemeindeverwaltung schätzte wenig später den Schuldenstand der Bürgerschaft noch wesentlich höher, nämlich auf annähernd 25.000 Gulden. Auch in den Pfarrbeschreibungen ist zu lesen, daß die ökonomischen Verhältnisse der Einwohner damals "ziemlich zerrüttet" waren.
Der "Renquishauser Auflauf" 1848 Als im Februar 1848 in Frankreich eine Revolution ausbrach, sprang der Funke schnell auf Süddeutschland über. Allerorts lehn- te man sich gegen Unterdrückung auf und forderte mehr Freiheit und mehr demokratische Rechte. Auch die noch bestehenden Grundlasten und herrschaftlichen Rechte waren Stein des Anstoßes. So auch in Renquishausen, wo die Ablösung der auf Grund und Boden haftenden Abgaben noch wenig Fortschritte ge- macht hatte. Am Abend des 9. März rotteten sich Renquishausener Einwohner zusammen, um das sogenannte "adelige Haus" der von Ulm'schen Gutsherrschaft in Kolbingen zu stürmen und "die auf die Feudallasten Bezug habenden Urkunden und sonstige Akten zu verbrennen". Auch hatte man es auf den herrschaftlichen Amtskasten in Kolbingen abgesehen.
Dort lagerten die Früchte, die bäuerlichern Abgaben entstammten. Selbst der Pfarramtsverweser ließ sich - wie aus einem Untersuchungsbericht des Oberamtsrichters Haselmeier hervorgeht - vom allgemeinen Aufruhr mitreißen und beleidigte im Wirtshaus vor Pfarrangehörigen den König und den Kronprinzen. Der ehemalige Schultheiß Emil Moser wurde von der "Bande" zum Mitmachen aufgefordert. Man schreckte ihn durch Schüsse, und einer der "Aufständischen" verletzte mit einer Axt Mosers Ehefrau, als diese den Schultheißen herbeiholen wollte. Zwar ließen sich die aufgebrachten Renquishausener schließlich doch noch von dem Unternehmen gegen die Grundherrschaft in Kolbingen abbringen. Konsequenzen der "bandenmäßigen Friedensstörung" und des "Landfriedensbruchs" waren aber unvermeidlich. Oberamtsrichter Haselmeier forderte beim Oberamt zwei Landjäger zur Verhaftung der "Rädelsführer" an. Als solche bezeichnet und in Haft genommen wurden der entlassene Polizeidiener Jakob Mattes, Stiftungspfleger Roman Mattes, sein Vorgänger Sebastian Stehle, Uhrmacher Valentin Gehring, Gemeinderat Mathäus Mattes und Wagner J. Wachs. Mathäus Stehle dankte als Schultheiß ab.
Ganz erfolglos blieb die Aktion der Renquishausener keineswegs, denn am 21. März wird in einem Schreiben erwähnt, der Grundherr von Ulm habe sich "schriftlich ganz geneigt erklärt, alles in ordentliche Wege ablösen zu lassen". Die Ablösung der alten Feudallasten wurde durch die Revolution 1848/49 im allgemeinen und, was den Ort Renquishausen betrifft, durch den "Auflauf" im März des Jahres 1848 beschleunigt. Hagel, Mißernten und Hungersnöte "Vor Pest, Hunger und Krieg bewahre uns, o Herr" - hinter solch einer flehentlichen Bitte steckt die tiefe Furcht vor diesen drei Geißeln der Menschheit. Von verheerenden Pestseuchen und Kriegszügen war bereits die Rede. Vom Hunger war bis ins 19. Jh. hinein ein großer Teil der Landbevölkerung ständig bedroht. In einer Welt, in der viele Tagelöhner, Kleinbauern und arme Handwerker ein Leben am Rande des Existenzminimums fristeten und nur das Notwendigste zum Lebensunterhalt erwirtschafteten, konnten Mißernten und in ihrem Gefolge Teuerungen sich fatal auswirken und ganze Familien in den Ruin stürzen.
Auch Renquishausen blieb nicht von schweren Hagelschäden und Mißernten verschont, die große Not im Dorf verursachten. Eine schlimme Hungersnot brach in den Jahren 1770 und 1771 aus. "Im März 1770 fiel so viel Schnee, daß am 25. April die von Renquishausen und Kolbingen auf der Winterbahn zueinander mit dem Kreuz gezogen, welcher zwar bis Mai mit großem Schaden abgegangen", schrieb der Mühlheimer Stadtschreiber in das Stadtgerichtsprotokoll. Die Wintersaat sei dadurch verdorben worden und die Sommerfrucht bis Allerheiligen gestanden. Die Folgen der Mißernten waren Teuerung und Hunger. Mit Getreideausfuhrverboten in die Schweiz war der Misere nicht beizukommen und Aufkäufe fremden Saatguts gelangen nur in geringem Umfang. Die Not auf dem Heuberg war groß. Mehrere Renquishausener suchten in ihrer Verzweiflung einen Ausweg in der Auswanderung.
1770 zog Joachim Moser nach Ungarn, es folgten in den beiden nächsten Jahren Athanasius Straub und Crescentia Straub, die vier Kinder des verstorbenen Martin von Roth (Marti- na, Esther, Theodora und Blasius), Ignaz Müller, Moritz Straub, Johann Straub und Alexi Straub. Im Jahr 1807 zerstörte ein Hagelwetter die Wintersaat auf der ganzen Gemarkung. Die Chronik berichtet, daß sogar Dachplatten zerschmettert wurden. Im Jahr 1816 brach erneut eine "schreckliche Theuerung und Hungersnoth" aus. Der Kernenpreis stieg auf 84 bis 90 Gulden, ein Vielfaches der Preise in Normalerntejahren. "Ohne königliche Unterstützung wäre der gröste Theil Menschen dem Hunger unterlegen", vermerkt die Pfarrchronik hierzu. Nasse Witterung und früher Schnee schmälerte die Ernteerträge erheblich.
1817 war die Not so drückend, daß vier Renquishausener Familien ihre Heimat verließen und nach Ungarn zogen. In den Pfarrbeschreibungen ist nicht nur von "ziemlich zerrütteten" wirtschaftlichen Verhältnissen, sondern auch vom Gassenbettel die Rede. (1821: "Gassenbettel hat sich ein- geschlichen"; 1843: "der Gassenbettel aber geht ziemlich im Schwung"). Die Kreisregierung versuchte, der Not entgegenzusteuern. Sie schlug vor, neue Gewerbe, beispielsweise die Uhrmacherei, in Renquishausen anzusiedeln, die soziale Lage durch die Verpachtung der Pfarrwittumgüter an Ortsbürger zu verbessern und eine Hilfsleihkasse einzurichten, die armen Bewohnern Kredite zum Kauf von Vieh gewähren sollte. 1830 ging ein so heftiger Hagel auf die Gemarkung nieder, daß nicht einmal "das wenige was der Landsmann auf seinen Schultern zur Aussaat hinaustragen" konnte, übrigblieb. Auch im Folgejahr zerstörte ein Hagelschlag 295 Morgen im Winterösch. 1833 verdarb der Engerling Teile des Kornöschs. 16 Jauchert mußten umgeackert werden, um ein Ausbreiten der Schädlinge zu verhindern. Der Königliche Wohltätigkeitsverein unterstützte die Geschädigten mit einem Betrag von 900 Gulden.
Im Jahr 1834 herrschte eine so große Trockenheit, daß die Renquishausener Bürger fast den ganzen Sommer hindurch das Wasser im Tal beim sogenannten "Hüttle" holen mußten. Der Flatz war total ausgetrocknet. Acht Jahre später plagte ein heißer, trockener Sommer erneut die Gemeinde. Es mangelte vor allem an Futter. Vieh mußte - so die Pfarrchronik - zum "Spottpreis" verkauft oder gar geschlachtet werden. Die wohl furchtbarsten Notjahre der Renquishausener waren von 1845 bis 1847. Die Kartoffelernte war 1845 "völlig und in einem solchen Grade mißrathen", daß eine Zurücklegung von Saatkartoffeln nicht möglich war. Hinzu kam im Juli ein schwerer Hagelschlag, der zu Einbußen bei der Getreide- ernte führte. 16 Renquishausener Bürger richteten eine Bittschrift an die Gemeinde, in der sie um Unterstützung aus öffentlichen Kassen und aus Vorräten in der Zehntscheuer baten. Der Gemeinderat beschloß in Absprache mit dem Oberamt, an die "ärmste Classe" Saat- und Brotfrucht zu "Gnadenpreisen" auszugeben und beim Kreditverein in Stuttgart ein Darlehen aufzunehmen.
Im August 1846 ging erneut Hagel über der Gemarkung nieder. 400 Morgen im Sommerösch wurden davon in Mitleidenschaft gezogen. Der Getreidepreis zog stark an. Der Scheffel Kernen kostete 36 fl. Die Not wurde immer größer. Durch milde Beiträge mußten bereits 54 Personen unterstützt werden. Für einen achtpfündigen Laib Brot zahlte man 52 Kreuzer. Dies war weitaus mehr als der Tagesverdienst eines Tagelöhners. Viele Bürger mußten Kredite aufnehmen und ihr Gut verpfänden. Die Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins gewährte eine Unterstützung von 629 fl. Hin- zu kamen 100 fl aus der Armenlotterie, Staatsbeiträge und von der Oberamtspflege 175 fl Hagelbeitrags - Kollektgelder. Aus den Beständen des herrschaftlichen Fruchtkastens wurden Lebensmittel an Ortsarme ausgegeben.
Ab 1848 begann sich die wirtschaftliche Lage des Ortes langsam zu stabilisieren. Zwar machte ein Hagelschlag in den Jahren 1852/53 nochmals die Ausgabe von Saatgut und Lebensmitteln not- wendig, doch besserte sich die Situation in den folgenden Jahr- zehnten. Abwanderungen in Städte und neu entstehende Industrie- gebiete sowie Auswanderungen reduzierten die Einwohnerzahl und trugen zusammen mit höheren Erträgen der landwirtschaftlichen Be- triebe zur Verbesserung der Ernährungslage bei. Quellen - Diözesanarchiv Rottenburg Bestand 11 174 - Gemeindearchiv Renquishausen - Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Außenstelle Freiburg, Archälogische Fundstellen auf Gemarkung Renquishausen - Staatsarchiv Sigmaringen Wü 65/37